Schwebend zwischen Neuenburger- und Genfersee

Der «Aiguilles de Baulmes» zählt mit seinen 1’560 m ü. M. zu den höchsten Gipfeln der gesamten Jurakette. Er markiert quasi die nördlichste Ausprägung zwischen der Grenze zu Frankreich und dem Waadtländer Mittelland. Dank seiner exponierten Lage bietet er bei guter Witterung ein spektakuläres 360°-Panorama: Auf der einen Seite liegt einem das gesamte Waadtländer Mittelland – vom Neuenburger- bis zum Genfersee – zu Füssen. Am Horizont schweift der Blick über die Zentralschweizer, Berner, Freiburger, Walliser und bis hin zu den Savoyer Alpen. Auf der anderen Seite reicht die Sicht weit in den französischen Jura hinein. Das Panorama ist schlicht atemberaubend und sucht seinesgleichen – zumal der Höhenunterschied zwischen dem Mittelland und dem Gipfel fast tausend Meter beträgt. Es fühlt sich tatsächlich an, als würde man irgendwo zwischen Himmel und Erde, zwischen dem Neuenburger- und dem Genfersee schweben. Grossartig!

Wie für die höheren Lagen des Juras typisch, ist auch diese Tour geprägt von lichtdurchfluteten Nadelwäldern. Dank der sonnenverwöhnten Lage ist das Unterholz sattgrün und voller Leben. Im Frühling reiht sich Blüte an Blüte, soweit das Auge reicht – ein Anblick, der das Herz berührt.

Die erste Etappe führt vom Bahnhof Ste-Croix über den Weiler La Sagne bis zum Granit de Procession – meist durch Wälder. Der sanfte Einstieg ist wenig anstrengend: Auf rund 3’300m Wegstrecke sind lediglich knapp 90 Höhenmeter zu überwinden.

Deutlich fordernder zeigt sich die zweite Etappe. Während rund zwei Stunden sind über 530 Höhenmeter zu bewältigen. Mit wenigen Ausnahmen verläuft der Weg direkt auf dem Grat. Der Aufstieg ist zwar anstrengend – doch der aussichtsreiche Routenverlauf entschädigt mit immer beeindruckenderen Ausblicken.

Technisch anspruchsvoll wird es auf der dritten Etappe: dem Abstieg vom höchsten Punkt der Tour (1’560 m ü. M.) zur Wegmarkierung auf 1’380 m ü. M. Auf lediglich 600m Wegstrecke sind 180 Höhenmeter zu meistern – sehr steil und stark ausgesetzt. Zwei, drei Passagen lassen sich einfacher rutschend auf dem Hinterteil als gehend überwinden. Absturzgefahr besteht zwar keine, doch ist diese Etappe ausschliesslich geübten Wandernden zu empfehlen. Wer es etwas gemächlicher mag, wählt den Umweg via Chalet des Aiguilles.

Nach der fordernden Etappe folgt der entspannte Ausklang: Die letzte Wegstrecke zurück nach Ste-Croix führt durch das, was die Jurakette ausmacht – weitläufige, kaum besiedelte Landschaften. Endlose Wiesen, Weiden und stille Wälder begleiten den Weg.

Die Nacht vor der Tour verbrachten wir im Grand Hôtel Des Rasses im gleichnamigen Ort. Das Haus aus der Belle Époque gehört zur Gilde der «Historischen Hotels der Schweiz». Besonders hervorzuheben sind der stilvolle Speisesaal mit seinem einmaligen Ambiente, das elegante Foyer und die privilegierte Lage hoch über dem Mittelland. Auch das renovierte Hallenbad mit Spa und die grosse Terrasse mit Panoramablick tragen viel zum Wohlsein bei.
Wem Geschichte und Charakter wichtiger sind als moderner Ausbaustandard, wird sich hier wohlfühlen. Viele Zimmer und deren Nasszellen sind nicht auf dem neusten Stand, aber alles ist tipptopp sauber. Trotz der Bezeichnung «Grand Hôtel» handelt es sich um ein Dreisternehaus. Unser Zimmer erinnerte eher an ein biederes Schlafzimmer aus den Siebzigern – doch der Service war herzlich, das Abendessen vom Gruss aus der Küche bis zum Dessert hervorragend. Wir kommen wieder. Weil für uns die Geschichte und Einzigartigkeit mehr zählt als ein Topausbaustandard.