In fünfeinhalb Stunden drei Pässe und drei Kantone

Was im alpinen Gebirge nahezu unmöglich ist, ist im Jurapark Aargau problemlos machbar. Eine Wandertour über 3 Pässe und drei Kantone in einer Zeit von fünfeinhalb Stunden. Und das Tolle dabei ist. Auch der Jurapark Aargau kann mit adäquaten Fernsichten wie das alpine Gebirge trumpfen. Vom Aussichtspunkt Wasserfluh, auf einer Höhe von 844 Meter über Meer, bietet sich ein 270 Grad-Blick vom Feldberg im Schwarzwald über den Randen in Schaffhausen, den Säntis mit seinem Alpsteingebirge, die Glarner-, Zentralschweizer- und Berner Alpen bis zu den Alpen im Kanton Fribourg. Hierfür gibt’s nur eine Bezeichnung: bombastisch! Mir war bei weitem nicht bewusst, dass der Aarauer Hausberg Wasserflue ein solches Potenzial an Fernsichten bietet. Da kann manch anderer Hausberg schlichtweg einpacken.

Der erste Pass ist zugleich der Ausgangspunkt der Tour. Die Passhöhe der Staffelegg im Kanton Aargau. Die ersten dreissig Minuten geht’s gemächlich über weite Felder bis zum Herzberghof aufwärts. Ab hier verläuft der Weg im Wald. Bequem, ebenfalls ohne nennenswerte Steigungen. Nach etwas mehr als einer Stunde ist bereits der zweite Pass erreicht. Das Benkerjoch auf einer Höhe von 674 Metern über Meer. Ebenfalls im Kanton Aargau.

Nachdem der Weg bis zum Benkerjoch wenig strapaziös war, wird’s bis zur Wasserflue bzw. deren Aussichtspunkt etwas anspruchsvoller. Einerseits sind auf kurzer Strecke 200 Höhenmeter zu überwinden und andererseits ist der Weg sehr schmal und steinig. Eine gewisse Konzentration und Trittsicherheit ist erforderlich. Wobei der Weg bis zum Aussichtspunkt der Wasserflue bei keiner Stelle gefährlich ist. Mit gutem Schuhwerk ist dieser problemlos zu meistern.

Ab dem Aussichtspunkt der Wasserflue geht der Weg bis zur Wegmarkierung 818müM auf gleicher Strecke zurück und setzt sich als Gratweg fort bis zum nächsten Etappenziel, dem Pass Salhöhe. Dieser Pass bildet die Grenze zwischen den Kantonen Aargau und Solothurn. Übrigens: dieses Stück Kanton Solothurn ist ein Zipfel, der topografisch eher den Kantonen Aargau oder Baselland zuzuordnen wäre. Nur über eine Strecke von 100 Metern ist dieser Zipfel mit dem restlichen Kanton Solothurn verbunden. Und dieser Engpass von 100 Metern Breite ist nur zu Fuss passierbar. Für alle anderen Verbindungen hat dieser Zipfel den Status einer Exklave. Seltsame Grenzziehung. Wie oft in der Schweiz.

Ab der Salhöhe geht der Weg auf Solothurner Seite durch den Nesselgraben bis nach Strittmatt. Der Nesselgraben strahlt etwas Unheimliches aus. Hier gibt’s nur ein nach vorn oder nach hinten. Links und rechts geht’s ziemlich steil die Böschung rauf. Quasi eine „hohle Gasse“, die kein Entweichen ermöglicht. Bei Strittmatt kommt der dritte Kanton ins Spiel. Die nächsten zwanzig Minuten bis zur Schafmatt geht der Weg durch den Kanton Baselland. Ab der Schafmatt hat wieder der Kanton Solothurn das Sagen. Nicht genug an seltsamen Grenzziehungen. Diese Tour bietet noch ein weiters Unikum an Grenzziehung. Mehr dazu im nächsten Textabschnitt.

Ab der Schafmatt erfolgt der Abstieg. Durch Wälder und Wiesen geht der Weg über Rosmaregg in Richtung Barmelhof. Weiter über Chalofen und Breitmies in Richtung dem Endziel der Tour in Erlinsbach. Und in Erlinsbach findet sich ein weiteres Unikum an kantonaler Grenzziehung. Der Erzbach, der mitten durchs Dorf geht, bildet die Grenze zwischen den Kantonen Solothurn und Aargau. Der Fussweg und die Hauptstrasse überqueren immer wieder den Bach. Einmal ist man im Kanton Aargau und gleich wieder im Kanton Solothurn. Bauhistorisch ist Erlinsbach eine Einheit, politisch sind es zwei unabhängige Gemeinden in zwei unterschiedlichen Kantonen. Einmal Erlinsbach SO und einmal Erlinsbach AG. Seltsame Grenzziehung!